4Hooves Stallgeflüster: Im Herzen wild
Herzlich Willkommen zu einer neuen Serie in unserem Online Magazin: dem 4Hooves Stallgeflüster. Das Stallgeflüster ist unsere monatliche Kolumne. Eine Kolumne aus unserer Redaktion, die es in sich hat und einige Punkte aus der Reiterszene kritisch beleuchtet. Wir hoffen, euch damit zum Nachdenken anregen zu können. Denn es geht wie immer nicht um ein digitales schwarz-weiß Denken, sondern vielmehr darum über andere Sichtweisen nachzudenken, ein Pro und Contra abzuwägen und dann für sich und sein Pferd eine Entscheidung zu treffen. Den Anfang macht heute unsere Redakteurin Carolyn. Viel Spaß beim Lesen!
Seit Jahrtausenden sind wir Menschen von Pferden fasziniert. Es scheint sie etwas magisches zu umgeben. Wild und frei waren sie damals, brauchten den Menschen nicht, stellte er doch sogar als Raubtier eine Bedrohung für sie dar. Und dennoch ließen sich sich zähmen, diese starken und zugleich sanftmütigen Tiere, die trotz ihrer Kraft innerlich zerbrechlich sind. Bis heute besteht diese Faszination für Pferde, eine Anziehung, der es sich schwer entziehen lässt.
Leider gehören die Bilder von wilden Pferden, die unberührt vom Menschen auf weiten Flächen leben, fast der Vergangenheit an. Zwar sind sie noch vereinzelt zu finden, doch die Verringerung ihres Lebensraumes aufgrund von Nutztierhaltung und Ackerbau, sowie die damit einhergehende Nahrungsknappheit, setzen den letzten verbliebenen Wildpferden schwer zu. Stattdessen befinden sich die meisten Pferde heutzutage in menschlicher Hand. Wir haben sie domestiziert und damit einhergehend die Verantwortung für ihr Wohlergehen übernommen. Doch wie gut werden wir dieser Verantwortung gerecht? Wie gut sorgen wir für ein Lebewesen, das die Natur für weite Flächen geschaffen hat? Werden wir hier doch einmal kritisch:
Schauen ich mich in unserer heutigen Pferdewelt um und betrachte, wie wir Pferde mitunter halten, sie nutzen und behandeln, dann könnte in vielen Fällen der Vergleich mit dem freien und wilden Pferd nicht weiter auseinander klaffen. Was ich damit meine?
Manche Pferde werden mitunter rund um die Uhr in Boxen gehalten, in denen sie vom freien Laufen nur träumen können. Andere werden von ihren Artgenossen separiert, obwohl sie als Herdentiere diesen Gemeinschaftsband brauchen. Einige Reiter gehen tagein, tagaus in die Reithalle, riegeln ihren Pferden den Kopf herunter, weil sie das unter Versammlung verstehen. Andere jagen in einem Affengalopp den Reitplatz hinunter, um dann über 20 Meter zu sliden. Und bisher habe ich noch nicht die Galopper erwähnt, denen der große Sport buchstäblich die Beine bricht, die Tennessee Walking Horses, die für das große Showgeld Höllenqualen erleiden, Springpferde, die über zu hohe Hinternisse gescheucht werden, die Rollkur im Dressursport, das brutale Rupfen am Gebiss im Westernreitsport oder, oder, oder.
Ihr findet ich übertreibe? Ihr fühlt euch persönlich angegriffen, weil ihr selbst „nur“ Freizeitreiter seid und euer Pferd 365 Tage im Jahr mit seinen Pferdefreunden auf der Weide leben kann? Ja, ich gebe zu, ich provoziere. Ich habe bewusst Beispiele der Extreme gewählt. Denn auch, wenn sich hoffentlich die meisten von uns nicht zu den obigen Kategorien zählen, dann stellen diese Beispiele trotzdem die tägliche Realität für viele Pferde dar. Und genau das darf nicht sein! Wir haben es hier mit Tieren zu tun, die uns, obwohl wir sie mit Sicherheit schon oft enttäuscht haben, dennoch immer wieder ihr Vertrauen schenken. Es ist unsere Verantwortung, diese Lebewesen so zu halten und so zu behandeln, wie sie es verdienen. Das bedeutet ihrem ursprünglichen Leben in der freien Wildbahn so nah wie möglich zu kommen.
Ich möchte niemandem vorschreiben, wie er seine Pferde hält oder was er mit ihnen macht. Keiner von uns ist besser oder schlechter als der Andere. Wir befinden uns alle in der gleichen Situation: In der Verantwortung einem Lebewesen gegenüber, das in unserer Obhut lebt und mit dem wir nicht die gleiche Sprache sprechen. Ich möchte daher jeden einzelnen von uns, mich eingeschlossen, dazu einladen, immer genau zu hinterfragen, welche Entscheidungen wir für unsere Pferde treffen. Und dabei sollte eine Frage immer als unsere Leitfrage dienen: Wie würde sich unser Pferd entscheiden?
Unser Pferd, das tief im Herzen immer noch auf weiten Flächen lebt, wild und frei.
Und ich möchte euch noch zu etwas anderem ermutigen. Und zwar dazu, eure Stimme zu erheben, wenn ihr seht, dass Pferde ungerecht behandelt, misshandelt etc. werden. Wir sind, besonders auch durch den großen Turniersport, in dem es nun einmal um viel Geld geht, einiges gewohnt zu ertragen. Das heißt aber nicht, dass es ok ist, nur weil es von dem Großteil der Reiterwelt akzeptiert wird. Es ist NICHT ok!
Pferde sind mental so leicht zu brechen. Dies ist auch der Grund, wieso sie so vieles mit sich machen lassen. Dennoch teilen sie uns immer noch mit, wie es ihnen geht. Wir hören ihnen nur nicht zu, wollen ihnen nicht zuhören oder unterbinden sogar ihre Stimme. Wir übersehen Pferdeaugen, denen jegliche Lebensfreude entwichen ist, wir binden ihnen die Mäuler zu, wir greifen härter durch, reiten mit immer schärferen Gebissen, fixieren Schweife etc. Nur, um ihre Signale nicht zu sehen. Doch das darf nicht sein!
Es ist an uns, an jedem einzelnen von uns, gegen Ungerechtigkeit aufzustehen und unsere Stimme für unsere Pferde zu erheben - eine Stimme, die wir ihnen mitunter genommen haben. Jede einzelne Stimme zählt und jede einzelne Stimm macht einen Unterschied. Und um dies besser zu verdeutlichen, möchte ich diesen ersten Kolumnenbeitrag gern mit einer meiner liebsten Kurzgeschichten beenden. Ich hoffe, sie berührt euch genauso wie mich und dass meine Worte euch zum Nachdenken anregen.
Bis dahin & alles Liebe
Carolyn
Ein alter Mann geht bei Sonnenuntergang den Strand entlang. Er beobachtet vor sich einen Jungen, der Seesterne aufhebt und ins Meer wirft. Er holt ihn schließlich ein und fragt ihn, warum er das denn tue. Der Junge antwortet, dass die gestrandeten Seesterne sterben, wenn sie bis Sonnenaufgang hier liegen bleiben. „Aber der Strand ist kilometerlang und tausende Seesterne liegen hier. Was macht es also für einen Unterschied, wenn Du Dich abmühst?“, sagt der alte Mann. Der Junge blickt auf den Seestern in seiner Hand und wirft ihn in die rettenden Wellen. Er schaut den alten Mann an und sagt: „Für diesen hier macht es einen Unterschied.“
- William Ashburne -
Über die Redakteurin Carolyn Okroy:
Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich von Pferden fasziniert und seither leidenschaftliche Reiterin. Aufgewachsen mit der Westernreiterei, lehnt sich mein Stil stark an die Altkalifornische Reitweise an. 2012 lernte ich Jeff Sanders kennen und seither haben seine Lehren den größten Einfluss auf mich. Er liefert für mich ein schlüssiges, pferdefreundliches und biomechanisch korrektes Konzept, in dem ich mich und meine Arbeit mit den Pferden am meisten wiederkenne. Dies sind auch die Themen, auf die ich persönlich am meisten Wert lege.
Faszination Pferd
Seit Jahrtausenden sind wir Menschen von Pferden fasziniert. Es scheint sie etwas magisches zu umgeben. Wild und frei waren sie damals, brauchten den Menschen nicht, stellte er doch sogar als Raubtier eine Bedrohung für sie dar. Und dennoch ließen sich sich zähmen, diese starken und zugleich sanftmütigen Tiere, die trotz ihrer Kraft innerlich zerbrechlich sind. Bis heute besteht diese Faszination für Pferde, eine Anziehung, der es sich schwer entziehen lässt.
Leider gehören die Bilder von wilden Pferden, die unberührt vom Menschen auf weiten Flächen leben, fast der Vergangenheit an. Zwar sind sie noch vereinzelt zu finden, doch die Verringerung ihres Lebensraumes aufgrund von Nutztierhaltung und Ackerbau, sowie die damit einhergehende Nahrungsknappheit, setzen den letzten verbliebenen Wildpferden schwer zu. Stattdessen befinden sich die meisten Pferde heutzutage in menschlicher Hand. Wir haben sie domestiziert und damit einhergehend die Verantwortung für ihr Wohlergehen übernommen. Doch wie gut werden wir dieser Verantwortung gerecht? Wie gut sorgen wir für ein Lebewesen, das die Natur für weite Flächen geschaffen hat? Werden wir hier doch einmal kritisch:
Unsere Pferde heute
Schauen ich mich in unserer heutigen Pferdewelt um und betrachte, wie wir Pferde mitunter halten, sie nutzen und behandeln, dann könnte in vielen Fällen der Vergleich mit dem freien und wilden Pferd nicht weiter auseinander klaffen. Was ich damit meine?
Manche Pferde werden mitunter rund um die Uhr in Boxen gehalten, in denen sie vom freien Laufen nur träumen können. Andere werden von ihren Artgenossen separiert, obwohl sie als Herdentiere diesen Gemeinschaftsband brauchen. Einige Reiter gehen tagein, tagaus in die Reithalle, riegeln ihren Pferden den Kopf herunter, weil sie das unter Versammlung verstehen. Andere jagen in einem Affengalopp den Reitplatz hinunter, um dann über 20 Meter zu sliden. Und bisher habe ich noch nicht die Galopper erwähnt, denen der große Sport buchstäblich die Beine bricht, die Tennessee Walking Horses, die für das große Showgeld Höllenqualen erleiden, Springpferde, die über zu hohe Hinternisse gescheucht werden, die Rollkur im Dressursport, das brutale Rupfen am Gebiss im Westernreitsport oder, oder, oder.
Ihr findet ich übertreibe? Ihr fühlt euch persönlich angegriffen, weil ihr selbst „nur“ Freizeitreiter seid und euer Pferd 365 Tage im Jahr mit seinen Pferdefreunden auf der Weide leben kann? Ja, ich gebe zu, ich provoziere. Ich habe bewusst Beispiele der Extreme gewählt. Denn auch, wenn sich hoffentlich die meisten von uns nicht zu den obigen Kategorien zählen, dann stellen diese Beispiele trotzdem die tägliche Realität für viele Pferde dar. Und genau das darf nicht sein! Wir haben es hier mit Tieren zu tun, die uns, obwohl wir sie mit Sicherheit schon oft enttäuscht haben, dennoch immer wieder ihr Vertrauen schenken. Es ist unsere Verantwortung, diese Lebewesen so zu halten und so zu behandeln, wie sie es verdienen. Das bedeutet ihrem ursprünglichen Leben in der freien Wildbahn so nah wie möglich zu kommen.
Was möchte ich damit sagen?
Ich möchte niemandem vorschreiben, wie er seine Pferde hält oder was er mit ihnen macht. Keiner von uns ist besser oder schlechter als der Andere. Wir befinden uns alle in der gleichen Situation: In der Verantwortung einem Lebewesen gegenüber, das in unserer Obhut lebt und mit dem wir nicht die gleiche Sprache sprechen. Ich möchte daher jeden einzelnen von uns, mich eingeschlossen, dazu einladen, immer genau zu hinterfragen, welche Entscheidungen wir für unsere Pferde treffen. Und dabei sollte eine Frage immer als unsere Leitfrage dienen: Wie würde sich unser Pferd entscheiden?
Unser Pferd, das tief im Herzen immer noch auf weiten Flächen lebt, wild und frei.
Immer PRO Pferd
Und ich möchte euch noch zu etwas anderem ermutigen. Und zwar dazu, eure Stimme zu erheben, wenn ihr seht, dass Pferde ungerecht behandelt, misshandelt etc. werden. Wir sind, besonders auch durch den großen Turniersport, in dem es nun einmal um viel Geld geht, einiges gewohnt zu ertragen. Das heißt aber nicht, dass es ok ist, nur weil es von dem Großteil der Reiterwelt akzeptiert wird. Es ist NICHT ok!
Pferde sind mental so leicht zu brechen. Dies ist auch der Grund, wieso sie so vieles mit sich machen lassen. Dennoch teilen sie uns immer noch mit, wie es ihnen geht. Wir hören ihnen nur nicht zu, wollen ihnen nicht zuhören oder unterbinden sogar ihre Stimme. Wir übersehen Pferdeaugen, denen jegliche Lebensfreude entwichen ist, wir binden ihnen die Mäuler zu, wir greifen härter durch, reiten mit immer schärferen Gebissen, fixieren Schweife etc. Nur, um ihre Signale nicht zu sehen. Doch das darf nicht sein!
Es ist an uns, an jedem einzelnen von uns, gegen Ungerechtigkeit aufzustehen und unsere Stimme für unsere Pferde zu erheben - eine Stimme, die wir ihnen mitunter genommen haben. Jede einzelne Stimme zählt und jede einzelne Stimm macht einen Unterschied. Und um dies besser zu verdeutlichen, möchte ich diesen ersten Kolumnenbeitrag gern mit einer meiner liebsten Kurzgeschichten beenden. Ich hoffe, sie berührt euch genauso wie mich und dass meine Worte euch zum Nachdenken anregen.
Bis dahin & alles Liebe
Carolyn
Ein alter Mann geht bei Sonnenuntergang den Strand entlang. Er beobachtet vor sich einen Jungen, der Seesterne aufhebt und ins Meer wirft. Er holt ihn schließlich ein und fragt ihn, warum er das denn tue. Der Junge antwortet, dass die gestrandeten Seesterne sterben, wenn sie bis Sonnenaufgang hier liegen bleiben. „Aber der Strand ist kilometerlang und tausende Seesterne liegen hier. Was macht es also für einen Unterschied, wenn Du Dich abmühst?“, sagt der alte Mann. Der Junge blickt auf den Seestern in seiner Hand und wirft ihn in die rettenden Wellen. Er schaut den alten Mann an und sagt: „Für diesen hier macht es einen Unterschied.“
- William Ashburne -
Über die Redakteurin Carolyn Okroy:
Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich von Pferden fasziniert und seither leidenschaftliche Reiterin. Aufgewachsen mit der Westernreiterei, lehnt sich mein Stil stark an die Altkalifornische Reitweise an. 2012 lernte ich Jeff Sanders kennen und seither haben seine Lehren den größten Einfluss auf mich. Er liefert für mich ein schlüssiges, pferdefreundliches und biomechanisch korrektes Konzept, in dem ich mich und meine Arbeit mit den Pferden am meisten wiederkenne. Dies sind auch die Themen, auf die ich persönlich am meisten Wert lege.